Schübe

Was sind Schübe?

Das Auftreten von Erkrankungsschüben kennzeichnet die schubförmige MS. Schübe können mit unterschiedlichen Beschwerden verbunden sein. Häufige Beschwerden sind zum Beispiel Schwäche, Gefühlsstörungen, Koordinationsstörungen, Blasenstörungen, Abgeschlagenheit.[7] Schübe können sich unterschiedlich schnell entwickeln. Teilweise tritt die Symptomatik innerhalb weniger Stunden, teilweise langsam über einen Zeitraum von mehreren Tagen bis hin zu Wochen auf.[8] Die Beschwerden bilden sich vollständig oder teilweise zurück. Die Rückbildung kann mehrere Monate beanspruchen.[9]



Schubdefinition

Die Definition eines Schubes ist schwierig, Verwechslungen mit Scheinschüben sind möglich (s.u.). Eine 2002 erschienene Übersichtsarbeit ⇑ [10] fasst die Ergebnisse von sechs Studien zusammen, welche die wissenschaftlichen Qualitätskriterien erfüllt. Innerhalb der zitierten sechs Studien gibt es unterschiedliche Diagnosekriterien, die zum Einschluss in die Studie geführt haben. In einer Studie wurden gar keine Kriterien genannt. Verzerrungen durch die Behandlung von Scheinschüben und deren Rückgang auch ohne Medikation sind möglich.

Wie können Schübe erkannt werden?

Schwankungen im Krankheitsverlauf oder so genannte Scheinschübe (auch Fluktuationen genannt) sind oft nur schwer von Schüben zu unterscheiden. Häufig handelt es sich um die Zunahme bereits bestehender Beschwerden, welche durch Temperaturerhöhung oder Fieber hervorgerufen wird. Auch Infekte und andere Krankheiten können zu Beschwerden führen, die denen eines Schubes ähneln.[7] Aufgrund der sehr unterschiedlichen Ausprägung von Schüben fällt es häufig besonders bei geringen Beschwerden sowohl Betroffenen als auch Ärzten schwer, einen Schub sicher als solchen zu erkennen. Neu aufgetretene Entzündungsherde in bildgebenden Untersuchungen (Magnetresonanztomographie (MRT), im Folgenden auch Kernspin-Untersuchung genannt), sind nicht gleich bedeutend mit einem Schub. Dies gilt unabhängig davon, ob mit oder ohne Kontrastmittel untersucht wurde. Ebenso geht nicht jeder Schub mit neuen Entzündungsherden einher.

Wodurch werden Schübe ausgelöst?

Eine Reihe von Faktoren werden mit dem Auftreten von Schüben in Verbindung gebracht. Dieses sind im Besonderen Belastungen wie Stress, virale Infekte, Verletzungen, Operationen und Impfungen. Es gibt hierzu jedoch widersprüchliche Studienergebnisse. Am ehesten gibt es Belege für Stress[11] sowie virale Infekte[12] als mögliche Auslöser von Schüben.

Welche Auswirkungen haben Schübe auf den Verlauf der MS?

Ob die Schubrate (Anzahl der Schübe pro Jahr) mit der Entwicklung von langfristigen Beeinträchtigungen zusammenhängt, ist fraglich.[13] Langjährige Verlaufsbeobachtungen liefern hierzu keine einheitlichen Informationen.[9] Eine Studie gibt Hinweise dafür, dass Betroffene mit mindestens fünf Schüben in den ersten zwei Jahren der Erkrankung darauf folgend häufig einen schwereren Krankheitsverlauf mit schnellerer Zunahme der Beeinträchtigungen haben.[7] Über die Bedeutung der Schwere von Schüben (Ausmaß der Beeinträchtigungen im Schub) für den weiteren Verlauf der MS lassen sich aufgrund fehlender Untersuchungen keine Aussagen machen.

Qualität der Messung von Beeinträchtigungen

In allen sechs Studien wurde das Ausmaß der Beeinträchtigungen, bzw. deren Zu- und Abnahme gemessen. Hierzu wurde in fünf der sechs Studien eine Skala zur Messung der Beeinträchtigungen (EDSS = Expanded Disability Status Scale[14]) verwendet. Die Skala ist in Stufen von 0 -10 unterteilt. Diese reichen von „ohne Beeinträchtigung“ (0) bis „Tod durch MS“ (10). Ein Schwerpunkt in der Einteilung der Stufen liegt in der Beurteilung der Mobilität, andere Aspekte, wie zum Beispiel die Müdigkeit/Fatigue werden nicht berücksichtigt. Die Skala ist ein relativ ungenaues Maß, welches nur bedingt zum Vergleich individueller Beeinträchtigungen dienen kann.

Beschwerden bei Multipler Sklerose

„Krankheit der 1000 Gesichter“ - so wird die MS gerne genannt. Damit ist es bei gesicherter Diagnose oft sehr schwer zu entscheiden, ob eine neue Beschwerde mit der MS zusammenhängt oder nicht. Grundsätzlich können sehr verschiedene Beschwerden auftreten. Dies sind vor allem: Schleiersehen, Doppeltsehen (Doppelbilder), Missempfindungen, Lähmungen, Ermüdbarkeit, Konzentrationsstörungen, Blasenstörungen, Koordinationsstörungen und Schwindel (siehe Abbildung).

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Abb.: Häufige Symptome der MS[5][6]


Was sind typische Erstmanifestationen bzw. klinisch isolierte Syndrome?

Es gibt typische Beschwerden zu Beginn, ganz wesentlich lassen sich drei Formen unterscheiden:

  • Sehnerventzündungen (oder Optikusneuritis bzw. Retrobulbärneuritis) Typisch sind hier Augenbewegungsschmerz, Farbsehstörung, Schleiersehen, evtl. auch blinde Flecken. Dabei lassen sich am Auge oft keine Auffälligkeiten nachweisen, allenfalls beim Eintritt des Sehnerven in den Augapfel („Der Patient sieht nichts und der Arzt auch nicht.“). Sichern lässt sich eine Störung des Sehnervs, z.B. durch eine Messung der Leitungszeit mittels „visuell evozierter Potentiale (VEP)“.
  • Rückenmarksentzündung (oder Myelitis) Typisch sind hier Missempfindungen, Ermüdbarkeit beim Gehen, Taubheitsgefühl ab dem Brustkorb oder Bauch abwärts, sowie Probleme beim Wasserlassen, selten auch beim Stuhlgang. Oft besteht Harndrang und das Gefühl „sich beeilen zu müssen“. Manchmal findet sich lediglich das sogenannte „Lhermitte Zeichen“: Patienten berichten hierbei, dass es bei Kopfdrehungen oder Vorneigen zu elektrisierenden Missempfindungen in Armen und Beinen, evtl. auch entlang der Wirbelsäule kommt. Diese Beschwerden sind im jungen Lebensalter nahezu beweisend für eine Rückenmarksentzündung im Halsbereich.
  • Hirnstammsyndrom Der Hirnstamm liegt zwischen Gehirn und Rückenmark. Entzündungsherde an dieser Stelle können u.a. Schwindel, Doppelbilder, Taubheit im Gesicht und Sprechstörungen machen.

Klinisch isoliertes Syndrom (CIS)

Treten diese Beschwerden im Alter von 15- 50 Jahren erstmalig auf, so werden sie als klinisch isoliertes Syndrom (CIS; englisch) umschrieben und sind hoch verdächtig für einen entzündlichen Prozess im Nervensystem. CIS meint dabei aber nicht eine Frühform der MS, da über weitere Befunde keine Aussage gemacht wird. Gemeint sind lediglich MS-verdächtige Beschwerden.