Welche Nebenwirkungen hat Alemtuzumab?

Bei wie vielen Patienten traten Nebenwirkungen auf?
In CARE-MS II[65] hatten 428 (98%) der Patienten in der Alemtuzumab-Gruppe mindestens eine Nebenwirkung und 191 (95%) der Patienten
in der Interferon-beta 1a-Gruppe. Dieser Unterschied war statistisch signifikant.

Bei wie vielen Patienten führten die Nebenwirkungen zum Therapieabbruch?
Bei 15 (7%) Patienten in der Interferon-beta 1a-Gruppe und bei 14 (3%) in der Alemtuzumab-Gruppe führten die Nebenwirkungen zum Abbruch der Behandlung. Auch dieser Unterschied war statistisch signifikant.

Häufige Nebenwirkungen
Die Nebenwirkungen, die bei den Patienten der CARE-MS II Studie auftraten, lassen sich in drei Kategorien einteilen:

  • Infusionsreaktionen

  • Infektionen und

  • sekundäre Autoimmunerkrankungen.

Hierbei ist zu beachten, dass Infusionsreaktionen ausschließlich in der Alemtuzumab-Gruppe auftraten, da die Patienten der Interferon-beta 1a-Gruppe keine Infusionen, sondern Injektionen erhielten. Da für diese Nebenwirkungen keine Vergleichsgruppe vorliegt, werden sie getrennt dargestellt.

Grundsätzlich ist wichtig zu wissen, dass Nebenwirkungen in Studien nicht nur bei den Patienten auftreten, die ein neues Medikament erhalten, sondern auch in der Studiengruppe mit einem bekannten Medikament oder Placebo.

In der Tabelle sind Nebenwirkungen aufgeführt, die aus der Studie CARE-MS II berichtet wurden und bei mindestens 2% der Patienten auftraten. Angegeben ist die Patientenzahl von 100 Patienten. In der Grafik zu Anfang des Kapitels sowie in der Faktenbox weiter unten werden jedoch lediglich die wichtigsten Nebenwirkungen dargestellt.

Die blau-weiße Tabelle zeigt die Beschwerden, die in der Alemtuzumab-Gruppe häufiger auftraten als in der Interferon-Gruppe. Darunter zeigt die grün-weiße Tabelle die Beschwerden, die in der Interferon-Gruppe häufiger auftraten als in der Alemtuzumab-Gruppe.




*Bei diesen Nebenwirkungen war der Unterschied zwischen der Alemtuzumab- und der Interferon-Gruppe nicht statistisch signifikant.

Auch Lungenentzündungen (1 von 100), Schmerzen (4 von 100), Brustenge (7 von 100) und Schläfrigkeit (6 von 100) wurden signifikant häufiger von Alemtuzumab-Patienten berichtet (Unterschied in der Nebenwirkungshäufigkeit jeweils in Klammern). Verglichen mit den oben genannten Nebenwirkungen sind sie aber seltener und der Zusammen- hang zu Alemtuzumab bei Schmerzen und Schläfrigkeit ist unklar.

Einstichreaktionen
Einstichreaktionen gab es nur unter Interferon-beta 1a bei 14% der Patienten.

Infusionsreaktionen
Infusionsreaktionen sind definiert als Nebenwirkungen, die innerhalb
von 24 Stunden nach Beginn der Infusion auftreten. Bei 90% der in der CARE-MS II Studie mit Alemtuzumab behandelten Patienten traten Infusionsreaktionen auf. Sie waren überwiegend mild bis moderat, bei 3% der Patienten zeigten sich schwere Infusionsreaktionen. Kein Patient brach die Behandlung mit Alemtuzumab aufgrund von Infusionsreaktionen ab. In der Verlängerung der CARE-MS II-Studie gab es zudem nach der 3. Gabe Alemtuzumab bei einem Patienten einen allergischen Schock (Verlinkung), von dem er sich ohne Folge erholte.

Im Einzelnen kamen folgende Infusionsreaktionen vor:

  • Kopfschmerzen bei 43%
  • Hautausschlag bei 39%
  • Übelkeit
bei 17%
  • Fieber bei 16%
  • Juckreiz bei 11%
  • Schlafstörungen bei 10%

In einer zusammenfassenden Analyse von CARE-MS I[64] und CARE-MS II[65] zeigte sich, dass die Infusionsreaktionen über die Zeit weniger wurden: Traten sie bei der ersten Gabe bei 85% der Patienten auf, so waren nach der 5. Gabe noch 46% der Patienten betroffen.

Da vor der Infusion ein Kortisonpräparat verabreicht wurde, das eine Infusionsreaktion abmildern soll, könnte die Rate dieser Nebenwirkung ohne eine vorbeugende Behandlung noch höher sein.

Infektionen

Infektionen traten häufiger nach der Verabreichung von Alemtuzumab
 (77% der Patienten) als bei Interferon-beta 1a (66% der Patienten) auf und verliefen meist mild bis moderat. Meist handelte es sich um Erkältungen, Infekte der oberen Atemwege und Harnwegsinfekte. Herpesinfektionen [Herpes Simplex (Lippe) und Herpes Zoster (Gürtelrose)] traten in der Alemtuzumab-Gruppe (16 von 100) häufiger auf als in der Interferon-beta 1a-Gruppe (4 von 100). Durch die prophylaktische Gabe von Aciclovir während und nach der Infusion von Alemtuzumab konnte die Häufigkeit von Herpesinfektionen deutlich gesenkt werden.
 Schwere Infektionen traten in der Alemtuzumab-Gruppe bei 16 Patienten (4%) auf, in der Interferon-beta 1a-Gruppe bei 3 Patienten (1%). Ein Patient verstarb an einer Lungenentzündung (Pneumonie).

Sekundäre Autoimmunerkrankungen
Alemtuzumab kann, obwohl es gegen die Autoimmunerkrankung MS eingesetzt wird, selbst Autoimmunerkrankungen auslösen. Diese Erkrankungen sind vor allem:

1. Schilddrüsenerkrankungen
2. Gerinnungsstörungen
3. Nierenerkrankungen