Sensibilitätsstörungen (= Empfindungsstörungen)

Sensibilitätsstörungen entstehen, wenn sensible Reize im Nervensystem fehlerhaft verarbeitet werden und infolgedessen im Gehirn unpassende Empfindungen auslösen. Sie sind ein sehr häufiges MS-Symptom schon zu Krankheitsbeginn. Beispielsweise kann eine leichte Berührung Schmerz auslösen. Die Beschaffenheit des Untergrundes kann von den Fußsohlen nicht mehr registriert werden, ein Bein fühlt sich schwer an oder man ist im Unklaren, an welcher Stelle sich der Arm befindet, wenn man nicht hinschaut. Der Patient kann subjektiv sehr unterschiedliche Symptome, Schmerzen, Unsicherheit, Fallneigung, Probleme in der Koordination erleben.

Alle Formen von Sensibilitätsstörungen können unangenehm sein und Patienten von alltäglichen Tätigkeiten fernhalten, die sie aufgrund ihrer Beweglichkeit und Kraft eigentlich leisten können müssten. Dies kann zu zusätzlichen Beeinträchtigungen führen, weil Auslöser für Sensibilitätsstörungen vermieden werden. Oft wird das Ausmaß der Behinderung durch Störungen der Sensibilität von nicht betroffenen Menschen unterschätzt, eben weil die Belastung nicht sichtbar ist.

Bei Multipler Sklerose können sowohl Störungen der Oberflächensensibilität, also Störungen aller Empfindungen der Körperoberfläche, als auch Störungen der Tiefensensibilität, d.h. Störungen der Empfindungen aus dem Körperinneren, auftreten.

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Störungen der Motorik (= Störungen der Kraft)

Störungen der Motorik gehen bei MS darauf zurück, dass Befehle zur Bewegung, die das Gehirn den Muskeln erteilt, vom Nervensystem nicht korrekt übertragen werden.

Beim Gesunden löst der Willen zu einer Bewegung im Gehirn Impulse aus, die zunächst über verschiedene Nervenbahnen (Zentrales Nervensystem und periphere Nerven) bis zur Muskulatur weitergegeben werden. Diese zieht sich daraufhin zusammen und führt die erwünschte Bewegung aus. Gleichzeitig schickt das Gehirn aber auch Impulse aus, um andere Muskeln zu hemmen, die bei der Bewegung stören würden. Ist die Bewegung ausgeführt, schickt das Gehirn sofort hemmende Impulse an die Muskeln, damit sie sich wieder entspannen können. Ohne dass es einem Menschen bewusst wird, ist ein reibungsloser Ablauf der verschiedenen Nervenimpulse deshalb Voraussetzung für eine funktionierende Motorik.

Multiple Sklerose ist eine Erkrankung des zentralen Nervensystems, die typische Lähmungsmuster verursacht. Doch fällt es in leichten Fällen Betroffenen am Anfang noch gar nicht auf, dass es sich um eine Lähmung handelt. Sie spüren, dass ein Arm immer "müde" ist, sie häufiger mit dem Fuß umknicken oder zum Stolpern neigen. Manche Formen der Lähmungen gehen mit einer Steifigkeit einher, mit der man dann nicht mehr schnell laufen kann. Oft sind es die anderen, die Betroffene darauf hinweisen, dass sie "komisch gehen". Manchmal wird die Schwäche erst nach einer Belastung deutlich, ausgeruht im Untersuchungszimmer des Arztes kann dann alles unauffällig sein. Viele MS-Patienten können zunächst Bewegungen völlig unauffällig durchführen, mit der Zeit wird das Bewegungsbild jedoch immer auffälliger - das Bein schwächer, der Arm steifer - und erst nach einer Erholungspause kann die Aktivität fortgeführt werden. Dieses Phänomen heißt in Analogie der weiter unten besprochenen Neigung zu starker geistiger Erschöpfung "motorische Fatigue".

Starke Muskelschwäche und eine starke Verspannung der Muskulatur (=Spastik) sind dagegen eindeutig wahrnehmbar. Obwohl die Muskelspastik sehr behinderen kann, führt sie andererseits auch zum Erhalt der Steh- und Gehfähigkeit, weil sie ggf. die begleitende Muskelschwäche ausgleichen kann. Sind die Arme von der Spastik betroffen, kommt es zu einer verstärkten Beugehaltung, an den Beinen meist zu einer verstärkten Beinstreckung. Dabei kann die Steife auch einschießend auftreten, vor allem bei Belastungen aber auch in Ruhe.

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Sehstörungen

Den Sehstörungen bei Multipler Sklerose können viele verschiedene Ursachen zugrunde liegen, weil das korrekte Sehen durch ein komplexes Zusammenspiel von Bildempfang über den Sehnerv, Verarbeitung des Reizes im Gehirn und der Augenbewegung über mehrere Augenmuskeln gesteuert wird. Die Entzündung eines oder beider Sehnerven ist den meisten Betroffenen als häufiges MS-Symptom bekannt, aber auch die anderen Komponenten des Systems können von MS betroffen sein.

Sehnerventzündung (=Optikusneuritis)

Patienten bemerken ein Nebel- oder Schleiersehen auf dem betroffenen Auge, manche beschreiben es auch als graue Wolke. Es kann zusammen mit einer Störung des Farbempfindens auftreten, eine Lichtscheu oder Blendempfindlichkeit kann hinzukommen. Viele Patienten klagen zusätzlich über Schmerzen des betroffenen Auges bei Bewegungen oder Druck auf den Augapfel.

Anhand der Optikusneuritis wurde das sog. Uthoff-Phänomen beschrieben, eine Verschlechterung der Symptome als Folge von erhöhter Körpertemperatur, die mit sinkender Temperatur sich folgenlos zurückbildet. Das Phänomen tritt z.B. bei Fieber, Sport oder großer Hitze im Hochsommer auf.

Störungen der Augenbeweglichkeit

Mehrere Nerven sorgen im Zusammenspiel dafür, dass die beiden Augen sich immer koordiniert bewegen, so dass sie ein einziges stabiles Bild im Kopf erzeugen, auch wenn wir unsere Haltung im Verhältnis zur Umgebung ändern. Wenn dieses Zusammenspiel gestört ist, kommt es zu Verschwommen-Sehen, Doppelbildern oder Schwindel. Als indirekte Folgen können eventuell Übelkeit oder Kopfschmerzen entstehen.

Die Doppelbilder können sowohl nebeneinander oder übereinander angeordnet sein als auch schräg gegeneinander versetzt. Eine weitere Möglichkeit ist das Auftreten eines sog. Nystagmus, eines selbstständige Hin- und Herbewegens der Augen, welches den Eindruck erwecken kann, die Umwelt bewege sich hin und her.

Störungen der Augenbeweglichkeit können ein sehr hartnäckiges Symptom sein, da schon leichte Fehlstellungen zwischen den Augen als erheblich störend empfunden werden. Gerade in der Rückbildungsphase nach einem Schub leiden Patienten darunter, dass nach Phasen verstärkter Konzentration, z.B. beim Lesen oder Autofahren, eigentlich gebesserte Beschwerden wieder verstärkt zu Tage treten.

Koordinationsstörungen, Gleichgewichtsstörungen und Schwindel

Unter Koordination versteht man das Zusammenspiel aller Nervenbahnen, um dem Körper zu ermöglichen, geordnete, fein dosierte und zielgerichtete Bewegungen auszuführen. Man kann die Koordination der Feinmotorik (Hände, Lippen, Zunge), der Zielmotorik (Arme, Beine), der Rumpfmotorik (Stand, Gang) und der Augenbewegungen voneinander unterscheiden.

Betroffene beschreiben ihre Beschwerden jedoch im Allgemeinen nicht als Koordinationsstörungen, sondern als Gleichgewichtsprobleme, Gangstörungen, Schwindel, oder - sollten die Augen betroffen sein - als Sehstörungen.

Für die behandelnden Ärzte stellt sich deshalb zunächst die Frage, die Beschwerden durch genauere Befragung und Untersuchung von anderen Ursachen abzugrenzen, die ebenfalls solche Symptome hervorrufen könnten. So können Gleichgewichtsprobleme und Schwindel auch vom Innenohr verursacht sein und müssen auch nicht notwendigerweise mit der Multiplen Sklerose zusammen hängen.

Handelt es sich um Koordinationsstörungen, dann kann der Empfang von Reizen, die dem Gehirn mitteilen, in welcher Haltung sich der Körper gerade befindet, aus dem Körper gestört sein. Dies wäre eine Störung der Tiefensensibilität. Die Ursache kann aber auch im Kleinhirn oder im Hirnstamm liegen, die für die Muskelkoordination im engeren Sinn zuständig sind.

Bei Störungen der Tiefensensibilität sind die Beschwerden weniger stark ausgeprägt, wenn die Augen geöffnet sind, weil das fehlende Gefühl durch das Sehen ausgeglichen werden kann und stärker werden, wenn die Augen geschlossen werden. Die Kleinhirn-bedingten Koordinationsstörungen sind mit offenen oder geschlossenen Augen gleichermaßen vorhanden.

Eine Kleinhirnstörung tritt bei Gesunden auch bei zu hohem Alkoholgenuss auf, deshalb sind MS-Betroffene leider häufig dem Vorurteil ausgesetzt, betrunken zu sein.

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Blasen- und Darmfunktionsstörungen, Störungen der Sexualität

Beschwerden, die die Ausscheidungsfunktionen und die Sexualität betreffen, sind sehr unangenehm, und gleichzeitig so schambesetzt, dass Betroffene nicht leicht darüber sprechen. Doch auch hier gibt es ganz verschiedenartige Ausprägungen der Beschwerden, die jeweils andere Konsequenzen bringen können.

Blasenfunktionsstörungen

Häufig beginnen Blasenstörungen mit dem vermehrten Drang, Wasser zu lassen, wobei immer nur kleine Portionen von Urin abgesetzt werden. Das nennt man eine „hyperaktive Blase“.

Wenn Patienten bei dem plötzlichen Drang, Wasser zu lassen, den Urin nicht mehr einhalten können, handelt es sich um die sogenannte Dranginkontinenz. Dies muss der Neurologe oder der Urologe von einer sogenannten Stressinkontinenz unterscheiden. Bei dieser kommt es auch durch Husten oder Niesen oder schweres Heben zum ungeplanten Urinabgang. Die tritt z.B. bei einer Gebärmuttersenkung oder nach Geburten mit Beckenbodenschwäche auf, ohne dass man den Drang zum Wasserlassen hat.

Die zweite Möglichkeit der Blasenstörung bei MS ist die sog. Überlaufblase, die dadurch zustande kommt, dass die Blasenmuskulatur so sehr gelähmt ist, dass die Harnblase sich überhaupt nicht mehr zusammenziehen kann und ständig gefüllt ist. Ab dem Moment, in dem sie keinen zusätzlichen Urin mehr aufnehmen kann, „läuft sie über“. Diese Störung ist relativ selten.

Drittens gibt es noch Formen der Blasenstörung, bei der das Zusammenspiel zwischen der Blasenkontraktion und der Anspannung des Blasenschließmuskels nicht funktioniert. Dies ist oft in späten Stadien der MS der Fall. Typischerweise besteht dann einerseits ein Harndrang, andererseist kann der Betroffene auf Toilette nicht wirklich die Blase komplett entleeren. Dabei entsteht dann ein so genannter "Restharn", d.h. es bleibt Urin in der Blase nach dem Toilettengang. Dieser Restharn kann Nährboden für wiederkehrende Blasenentzpdungen sein.

Auch eine Spastik der Beckenbodenmuskulatur kann die selbstständige Entleerung der Harnblase unmöglich machen.

Darmfunktionsstörungen

Auch die Darmfunktion ist bei Multipler Sklerose häufig gestört, selten in der Form, dass man den Stuhl unbeabsichtigt absetzt, sondern meist in Form von Verstopfung (Obstipation).

Als Ursachen kommen mehrere direkte oder indirekte MS-Probleme in Frage, einzeln oder auch in Kombination.

Es können die dafür zuständigen Zentren im unteren Rückenmark oder die übergeordneten Zentren im Gehirn sowie die zwischen liegenden Nervenverbindungen gestört sein. Bei stark ausgeprägten Lähmungen der Bauchwandmuskulatur kann die sog. Bauchpresse (das Ausdrücken von Stuhlgang mit Hilfe der Bauchwandmuskulatur) zu schwach sein. Bei starker körperlicher Behinderung kommt ein erheblicher Bewegungsmangel hinzu, der auch bei sonst Gesunden eine Darmträgheit fördert. Durch eine langsame Darmpassage wird dem Stuhl vermehrt Wasser entzogen und er wird immer härter. Zu wenige Ballaststoffe in der Nahrung führen zu einem geringeren Stuhlvolumen, das das Wasser nicht an sich zu binden vermag. Auch bestimmte Medikamente, die zur Behandlung einer hyperaktiven Blase verordnet werden, können die Darmentleerung weiter dämpfen. Und, wie auch bei Problemen der Blasenentleerung, beeinflusst eine Beckenbodenspastik die Symptomatik negativ.

Das Gegenteil, der unwillkürliche Stuhlabgang, kommt meist durch eine Lähmung des Schließmuskels am After zustande.

Störungen der Sexualität

Sexuelle Funktionsstörungen treten bei Multipler Sklerose auf, wobei eine Abgrenzung der Ursachen sehr schwierig sein kann. Natürlich werden Sexualfunktionen wie Libido, Empfindungs- und Orgasmusfähigkeit, Erektion und Ejakulation unter anderem in bestimmten Regionen im zentralen Nervensystem mit gesteuert und können insofern betroffen sein. Sie sind zudem auch Therapiefolge von Medikamenten, die bei MS eingesetzt werden. Auf der anderen Seite sind sexuelle Funktionsstörungen auch bei organisch Gesunden möglich und sind mit vielen psychischen Gegebenheiten assoziiert, die bei MS-Betroffenen vermehrt vorkommen. Als Beispiel sei die Depression genannt.

Sowohl bei Patienten als auch bei Ärzten bestehen gewöhnlich hohe Hemmschwellen, ein sexuelles Problem so differenziert zu besprechen, wie es für eine Behandlung notwendig wäre. Auch die Forschung zu sexuellen Funktionsstörungen bei MS ist spärlich und eine hohe Dunkelziffer von Betroffenen, die diese Probleme nicht ansprechen ist zu anzunehmen.

Sprech- und Schluckstörungen

Sprechstörung (=Dysarthrie)

Das Sprechen wird von verschiedenen Muskelgruppen gewährleistet. Lippen, Zunge, Kiefer und Gaumensegel sorgen zusammen für eine ordnungsgemäße Artikulation, die Atmung liefert den Luftfluss, der Kehlkopf erzeugt mit Hilfe der Stimmlippen Töne unterschiedlicher Höhe und Lautstärke. Die Sprechstörung bei Multipler Sklerose ist eine Koordinationsstörung dieser Sprechmuskulatur.

Die typische Sprechstörung bei MS-Läsionen im Kleinhirn wurde schon im Kapitel „Koordinationsstörungen“ besprochen. Andere Formen entstehen durch Entzündungsherde im Hirnstamm, dann hat die Stimme einen kloßig-näselnden Beiklang. Diese Form der Sprechstörung kann mit einer Schluckstörung auftreten.

Schluckstörung

Schluckstörungen gehen auf Schädigungen im Hirnstamm zurück. Sie machen sich durch eine Neigung zum „Verschlucken“ mit nachfolgendem Hustenreiz bemerkbar. Bei sehr stark körperlich behinderten MS-Patienten kann die Möglichkeit des Abhustens so stark gestört sein, dass infolge des Einatmens von flüssiger oder fester Nahrung das Risiko einer Lungenentzündung resultiert.

Fatigue

„Fatigue“ heißt wörtlich übersetzt „Müdigkeit“ und mangels der sprachlichen Möglichkeit, das Phänomen Nicht-Betroffenen anders verständlich machen zu können, reden Betroffene selbst davon, immer „so müde“ zu sein. Fatigue sieht man den Betroffenen gewöhnlich nicht an, aber sie reduziert die Belastbarkeit enorm. Denn die Patienten mit Fatigue geraten schon durch geringe Belastungen in einen Zustand unverhältnismäßig großer Erschöpfung.

Fatigue ist ein sehr häufiges Symptom der Multiplen Sklerose, was weder mit dem sonstigen Behinderungsgrad, den Nachweisen von MS-Herden in der Kernspintomographie, der Erkrankungszeit oder Alter korreliert. Es muss in jedem Fall von anderen Formen von größerer Erschöpfbarkeit abgegrenzt werden, wie der Depression, Medikamentennebenwirkungen oder einem gestörten Schlaf-Wach-Rhythmus.

Fatigue kann im Schub verstärkt vorhanden sein. Viele äußere Faktoren können sie verschlechtern, z.B. Wärme, Infekte, Stress, Medikamente (auch MS-Medikamente), doch variiert die Ausprägung und Manifestation im Tages- und Krankheitsverlauf erheblich zwischen den Patienten. Fatigue hat negative Auswirkungen auf die Berufsausübung, Konzentrationsfähigkeit und soziale Kontakte, um nur einige zu nennen. Fatigue ist damit eines der am stärksten behindernden Symptome der Multiplen Sklerose und wird häufig als Ursache für eine vorzeitige Berentung angegeben.

Die biologische Ursache von Fatigue ist immer noch nicht verstanden.

Depression

Depressive Episoden kommen bei Multiple-Sklerose-Erkrankten deutlich häufiger vor als im Bevölkerungsdurchschnitt. Es finden sich Hinweise darauf, dass eine Depression nicht nur Folge der psychosozialen Belastungen durch eine schwere Erkrankung ist, sondern auch ein eigenständiges neurologisches MS-Symptom sein kann. Da aber die beiden Depressionsformen grundsätzlich gleich behandelt werden, hat die Unterscheidung im Einzelfall keine Konsequenz.

Gekennzeichnet wird eine Depression vor allem durch ein deutlich vermindertes Interesse oder Freudlosigkeit bei nahezu allen Aktivitäten und ein Gefühl des Bedrücktseins bis hin zu Schuld- bzw. Minderwertigkeitsgefühle und Todessehnsucht sowie Selbstmordgedanken.

Zusätzlich kann eine Depression auch als Nebenwirkung der Immuntherapie mit Beta-Interferonen auftreten. In diesem Fall kann die Depression durch das Absetzen des Medikamentes überwunden werden.

Kognitive Störungen (= Störungen von Aufmerksamkeit, Gedächtnis, Denken)

Für Multiple-Sklerose-Betroffene ist die Vorstellung von einem chronischen Krankheitsprozess im Gehirn auch deshalb so beunruhigend, weil sie sich vor begleitenden psychischen Veränderungen fürchten.

Tatsächlich kommen leichte kognitive Störungen bei MS häufig vor und sind in spezialisierten Tests bei manchen auch schon zu Beginn nachweisbar. Dies sind vor allem Probleme der Aufmerksamkeit, der Informationsverarbeitung und des Lernens und Gedächtnisses. Seltener treten auch Störungen des Handlungsplanens auf. Doch bedeutet eine etwas schlechtere Durchführung einer bestimmten Hirnleistung in einem psychologischen Test nicht, dass das Auswirkungen auf den Alltag hat. Dennoch können kognitive Störungen beispielsweise die Berufsausübung erschweren und Beziehungen belasten.

Auch gesunde Personen bemerken im Alltag immer wieder kognitive Fehlleistungen, eine verlegte Brille, der Verlust des roten Fadens im Gespräch, eine Wortfindungsstörung. Die verminderte Belastbarkeit der MS-Erkrankten führt zu Häufungen solcher Ereignisse, wenn die Konzentrationsfähigkeit z.B. am Abend nachlässt. Angst und Depression führen bei MS-Patienten dazu, dass sie solche Fehlleistungen vermehrt als Krankheitszeichen interpretieren.

Die Entwicklung einer schweren Hirnleistungsstörung bei Multipler Sklerose ist zwar auch möglich, aber selten.

Schmerzen

Entzündungsherde und degenerative Nervenveränderungen infolge MS verursachen keine Schmerzen in Gehirn und Rückenmark selbst, weil dort keine Schmerzrezeptoren (=Zellen, die Schmerzen registrieren) vorhanden sind. Allerdings können Schmerzfaserbahnen durch Entzüdungsherde gestört sein und so "falsche Informationen" liefern. So kann z.B. ein Entzündungsherd im Rückenmark einen Bandscheibenvorfall vortäuschen. MS-Patienten leiden als Krankheitsfolge auch an Schmerzen, weil andere MS-Symptome, die schon weiter oben besprochen wurden, Schmerzen auslösen können.

Schmerzhaft sind z.B.

  • Spastik
  • Missempfindungen
  • Augenbewegungen bei Sehnerventzündung
  • Haltungsschäden infolge der Körperbehinderung
  • Verletzungen, die durch Stürze infolge Koordinationsstörungen entstanden sind
  • Chronische Verstopfung
  • Blasenstörungen
  • Trigeminusneuralgie

Mit der Multiplen Sklerose sind darüber hinaus noch Kopfschmerzen assoziiert, ohne dass man den genauen Zusammenhang kennen würde.