Welche Nebenwirkungen hat Mitoxantron?

Bei wie vielen Patienten traten Nebenwirkungen auf?

Laut dem Cochrane Review ("Mitoxantrone for Multiple Sclerosis"[83]) traten unter Mitoxantron häufiger Nebenwirkungen auf als unter Placebo. Genaue Zahlenangaben diesbezüglich fehlen allerdings. 

Grundsätzlich ist wichtig zu wissen, dass Nebenwirkungen in Studien nicht nur bei den Patienten auftreten, die ein neues Medikament erhalten, sondern auch in der Studiengruppe mit einem bekannten Medikament oder Placebo (siehe "Allgemeines zu Wirkungen und Nebenwirkungen von MS-Medikamenten").

Bei wie vielen Patienten führten die Nebenwirkungen zum Abbruch der Behandlung?
In der Mitoxantron-Gruppe führten die Nebenwirkungen bei 5 (4,5%) Patienten zum Abbruch der Behandlung, in der Placebo-Gruppe bei 2 (1,8%). Dieser Unterschied war jedoch statistisch nicht signifikant.

Häufige Nebenwirkungen
In der Tabelle sind Nebenwirkungen aufgeführt, die aus der genannten Metaanalyse (Cochrane Review) berichtet wurden und bei mindestens 2% der Patienten auftraten. Angegeben ist die Patientenzahl von 100 Patienten. 



*Bei diesen Nebenwirkungen war der Unterschied zwischen der Mitoxantron- und der Placebo-Gruppe nicht statistisch signifikant. 

Magen-Darm-Beschwerden
Bei 44 von 100 Patienten traten therapiebedingte Magen-Darm-Beschwerden, darunter Übelkeit und Erbrechen, auf. Die relativ häufige Übelkeit dauerte bis zu zwei Wochen an.

Haarausfall
Zu einem teilweisen Haarausfall (Alopezie) kam es bei 28 von 100 Patienten durch Mitoxantron. 

Amenorrhö
Bei 27 von 100 Patientinnen kam es durch die Mitoxantron-Therapie zum Ausbleiben der Regelblutung (Amenorrhö). Dabei blieb bei 15 von 100 Patientinnen die Regelblutung dauerhaft aus. 

Harnwegsinfekt
17 von 100 Patienten bekamen durch die Therapie mit Mitoxantron einen Harnwegsinfekt. 

In Einzelfällen kann es zur Blauverfärbung im Bereich der Augen und Fingernägel kommen. Zudem treten gelegentlich Verhärtungen der Blutgefäße auf, in die das Medikament gegeben wird. Sollte das Medikament versehentlich nicht ins Gefäß, sondern ins Gewebe gelangen, kann es zum Absterben von Gewebe kommen.

Verminderung der weißen Blutzellen (Leukozyten)
Bei 17% der mit 12 mg Mitoxantron behandelten Patienten kam es zu einer Verminderung der weißen Blutzellen, in der Kontrollgruppe gab es keine derartige Blutbild-Veränderung. Die Veränderungen der Leukozytenwerte bedürfen aber in der Regel keiner besonderen Therapiemaßnahme.

Anämie 
Bei einer Anämie, im Deutschen auch als "Blutarmut" bezeichnet, ist der Hämoglobin-Gehalt im Blut zu niedrig. Das bedeutet, dass nicht genügend roter Blutfarbstoff vorhanden ist. Durch Mitoxantron kam es bei 10 von 100 Patienten zu einer Anämie. 

Erhöhung des Leberwerts Gamma-GT
Bei 17% der mit 12mg behandelten Patienten kam es zu einer Erhöhung von Leberwerten gegenüber 8% in der Kontrollgruppe. Auch diese Veränderungen erfordern keine besondere Therapiemaßnahme.

Herzschädigung
In insgesamt drei Studienjahren kam es unter Mitoxantron zu keiner statistisch nachweisbaren Auffälligkeit der Herzfunktion. Gemessen wird hierbei die Flüssigkeitsmenge, die mit einem Herzschlag aus der linken Herzkammer gepumpt wird. Bei 3 von 5 Patienten mit Herzfunktionsstörungen im Ultraschall wurde das Medikament abgesetzt. Kein Patient entwickelte Herzbeschwerden. Eine Verminderung der Auswurfmenge um mehr als 50% wurde dabei als Bezugsgrösse gewählt. Fühlbare Beschwerden traten jedoch nicht auf.

Langzeitnebenwirkungen Herzschädigung
Unter Mitoxantron kann eine so genannte Kardiomyopathie entstehen, das heißt eine zunehmende Schwäche des Herzmuskels. Aus Studiendaten der Krebstherapie weiß man, dass ab einer Gesamtdosis von ca. 140 mg/m2 (= 12mg – alle drei Monate – über einen Zeitraum von zwei bis drei Jahren) das Risiko deutlich steigt. Treten ersteinmal Beschwerden auf, so sind sie vermutlich auch nicht wieder rückläufig. In einer Metaanalyse der Mitoxantron-Studien wurden Daten von 1.378 Patienten über zwei Jahre Therapie ausgewertet. Von diesen Patienten starben zwei an einer Herzschwäche. Von 779 Patienten, die mit Ultraschall untersucht wurden, entwickelten 17 Patienten eine Minderung der Herzfunktion von mehr als 50%. Wenn die Gesamtdosis über 100 mg/m2 lag, trat diese Verminderung eher auf. Eine bislang nur als Vortrag vorgestellte Studie mit 802 Patienten zeigte, dass von 12 Patienten, die eine Verminderung der Herzleistung im Ultraschall zeigten, die Werte bei dreien auch nach Absetzen des Medikaments auffällig blieben.

Einzelfallberichte deuten darauf hin, dass auch einzelne Patienten bei Dosierungen unter 100 mg/m2 Verminderungen der Herzleistung erfahren. Andererseits behandeln einzelne MS-Zentren auch mit deutlich höheren Dosierungen. Vermutlich spielt die individuelle Empfindlichkeit eine entscheidende Rolle. Insgesamt gibt es sehr wenige Langzeitdaten, die die Herzschädigung von Mitoxantron angemessen beurteilen lassen. Als Konsequenz daraus ist eine Therapie nur über ca. drei Jahre relativ „herzsicher“ durchführbar.

Krebsrisiko
Obwohl Mitoxantron zur Krebstherapie eingesetzt wird, erhöht Mitoxantron selbst das Risiko, eine Krebserkrankung – vor allem Blutkrebs – zu erleiden. Das Risiko, durch eine Mitoxantron-Therapie eine weitere Krebserkrankung zu erleiden, ist gegenüber anderen Krebstherapien vierfach erhöht, wie man aus Studien mit Krebspatienten festgestellt hat. In einer Metaanalyse aller Mitoxantron-Studien zur MS mit insgesamt 1378 Patientenwurde ein Patient mit einer vermutlich therapiebedingten Blutkrebserkrankung beschrieben. Aus einer Erkrankung lässt sich keine Häufigkeit berechnen. Mittlerweile gibt es weltweit mehrere Einzelfallberichte, zum Teil auch nach kürzeren Therapiezeiten. Ohne längere Beobachtungszeiten und größere Patientengruppen ist das Ausmaß des Risikos jedoch nicht generell zu beurteilen. Bei Vorbehandlung oder gleichzeitiger Behandlung mit anderen Chemotherapeutika und/oder Strahlentherapie kann das Krebsrisiko unter Mitoxantron noch deutlicher erhöht sein.

Verhinderung und Behandlung von Nebenwirkungen
Zur Verhinderung der Übelkeit kann vor und nach Gabe von Mitoxantron ein Mittel gegen Übelkeit und Erbrechen gegeben werden (z.B. Metoclopramid). Diese Zusatzbehandlung kann evtl. über einige Tage fortgesetzt werden.