Wie wirksam ist Azathioprin bei schubförmiger MS?

Im Glossar finden Sie unter "Allgemeines zu Wirkungen und Nebenwirkungen von MS-Medikamenten" eine allgemeine Einführung in die Thematik, welche Ihnen helfen kann, die nachfolgenden Informationen zur Wirkung von Fumarat besser zu verstehen.

Bei schubförmiger MS mit vielen Schüben (mindestens zwei in zwei Jahren) hat Azathioprin vermutlich einen mäßigen Effekt auf eine Reduktion der Schubanzahl pro Jahr. Ein Effekt auf die Behinderung lässt sich aus den vorliegenden Untersuchungen nicht ableiten, da aufgrund der geringen Fallzahl die Schätzung sehr ungenau ist.

Im Folgenden werden, wie bei allen hier vorgestellten Therapien, die Anzahl schubfreier Patienten und die Anzahl der Patienten, bei denen die Behinderung nicht zunimmt, dargestellt. Dabei ist allerdings einschränkend zu sagen, dass die Studie zur Beurteilung der Behinderungszunahme nur eine kleine Teilnehmerzahl aufweist. Daher besteht die Möglichkeit, dass es sich um ein zufällig positives Ergebnis handelt.


1. Wirkung auf die Schubfreiheit

Die Grafik am Kapitelanfang zeigt, wie viele Patienten nach zwei Jahren Therapie mit Azathioprin bzw. Einnahme von Placebos noch schubfrei waren. Daraus kann man den absoluten Nutzen (absolute Risikoreduktion) und den relativen Nutzen (relative Risikoreduktion) berechnen. 

Hier wird die Anzahl der Patienten mit Schüben beschrieben. Um Studienergebnisse mit unterschiedlichen Teilnehmerzahlen besser vergleichen zu können, werden die Ergebnisse bezogen auf 100 Patienten dargestellt:

Der tatsächliche Therapieeffekt zeigt sich, wenn man die Anzahl von Patienten mit Schüben unter Azathioprin (54) von denen mit Schüben unter Placebo (71) abzieht. Hier profitieren 71 – 54, also 17 von 100 Patienten von der Therapie.

-      17 von 100 Patienten haben einen Nutzen von der Therapie.
-      54 von 100 Patienten profitieren nicht von der Therapie, da sie trotz der Einnahme von Azathioprin einen Schub hatten.
-      29 von 100 Patienten profitieren nicht, da sie auch ohne Azathioprin schubfrei geblieben sind.


2. Wirkung auf die Anzahl der Schübe pro Jahr

Die jährliche Schubrate zeigt, wie viele Schübe durchschnittlich pro Jahr pro Patient auftraten. Sie lag in der Placebo-Gruppe bei 0,75 Schüben gegenüber 0,24 in der Azathioprin-Gruppe. Etwas verständlicher ausgedrückt: Die Patienten in der Placebo-Gruppe haben im Durchschnitt alle 1,3 Jahre einen Schub, die Patienten in der Azathioprin-Gruppe nur alle 4 Jahre. 


3. Wirkung auf die Zunahme der Behinderung

Die Zunahme der Behinderung wurde in den Zulassungsstudien mit Hilfe des EDSS gemessen, einer Behinderungsskala von 0 bis 10 (wobei 0 keiner Behinderung, 10 dem Tod entspricht). 

Da der Effekt nur auf der Analyse von 87 Patienten aus zwei Studien beruht, ist er statistisch nicht signifikant, weshalb er nicht grafisch dargestellt werden kann. Wenn man die Ergebnisse auf 100 Patienten hochrechnet, zeigt sich folgendes Bild: Bei 21 von 100 Patienten unter Azathioprin nimmt die Behinderung in zwei Jahren zu. Unter Placebo zeigten 40 von 100 Patienten eine Zunahme der Behinderung in zwei Jahren. Damit könnten 40 – 21 = 19 von 100 Patienten von der Therapie profitieren.


4. Wirkung auf die MRT/das Kernspin in zwei Jahren

In der MRT treten Kontrastmittelanreicherungen und sogenannte T2-Herde auf, die als Ausdruck der Entzündung bei MS betrachtet werden. Dabei können Herde im Erkrankungsverlauf größer werden oder ganz neu auftreten.

Größere Studien zu MRT-Effekten von Azathioprin fehlen. Kleinere Untersuchungen konnten einen Effekt auf die Anzahl kontrastmittelspeichernder Herde und das Gesamtvolumen der Herde zeigen.

 



Zulassungsstudien

Azathioprin ist vor mehr als 30 Jahren in Studien untersucht worden. In diesen Studien wurden oft schubförmige und chronische MS-Patienten gemeinsam behandelt. Nur sehr begrenzt ist ein Vergleich mit neuen MS-Therapiestudien möglich.
Im Jahr 2007 wurden in einem Cochrane Review (Casetta et al.[66]) die Studien zur Wirksamkeit von Azathioprin zusammengefasst. Dabei wurden Daten von 698 Patienten aus 5 Studien analysiert. Eingesetzt wurde eine tägliche Azathioprin-Dosierung von 2-3 mg pro kg Körpergewicht über 3 Jahre. Hauptendpunkt der Studie war die Senkung der Schubrate, gemessen als mittlerer Unterschied im EDSS nach 3 Jahren.