Welche Nebenwirkungen hat Ozanimod?

Die folgenden Daten entstammen der Zulassungsstudie RADIANCE. 
Wie bereits beschrieben, untersuchte die Studie über den Zeitraum von 2 Jahren die Wirkung von Ozanimod in Referenz zu der Wirkung Interferons.


Bei wie vielen Patienten traten Nebenwirkungen auf?
  • In der Ozanimodgruppe zeigten 324 von 434 Patienen (75%) Nebenwirkungen.
  • In der Interferongruppe zeigten 365 von 550 Patienten (83%) Nebenwirkungen.
Dieser Unterschied war statistisch signifikant.



Bei vielen Patienten führten die Nebenwirkungen zum abbruch der Behandlung?
  • In der Ozanimodgruppe fürhten bei 13 Patienten (3,0%) die Nebenwirkungen zum Abbruch der Behandlung
  • In der Interferongruppe führten bei 18 Patienten (4,1%) die Nebenwirkungen zum Abbruch der Behandlung.
Dieser Unterschied war statistisch nicht signifikant.



In der folgenden Grafik ist, bezogen auf 100 Patienten, dargestellt, wie viel häufiger Nebenwirkungen in der Ozanimod-Gruppe als in der Interferon-Gruppe auftraten.

Die Darstellung der Nebenwirkungen folgt grundsätzlich der Analyse der über zwei Jahre durchgeführten Zulassungsstudie RADIANCE mit Bezug auf die zugelassene Dosis von 1 mg Ozanimod. Auffällige Befunde der Einzelstudien RADIANCE und SUNBEAM, aber auch auffallende Nebenwirkungen unter den nicht zugelassenen 0,5 mg werden zusätzlich berichtet.

                
               Grafik: Zur Veranschualichung werden die Ergebnisse auf 100 Patienten bezogen



Obere Atemwegsinfektionen

Der Begriff 'obere Atemwegsinfektionen' beschrieb in der Studie Infektionen des Nasen-Rachen-Raums (Nasopharyngitis), des Rachens (Pharyngitis) und der Nase (Rhinitis). Allgemein traten obere Atemwegsinfektionen signifikant häufiger bei Patienten mit Ozanimod-Therapie als bei Patienten ind der mit Interferon behandelten Gruppe auf. 68 Patienten (16 %) der Ozanimod-Gruppe berichteten über eine Nasopharyngitis, in der Interferongruppe nur 48 Patienten (11 %).

Leberwerterhöhung

Ein häufig genutzter Leberwert, die sogenannte Alanin-Aminotransferase (auch ALT, ALAT oder GPT abgekürzt), erreichte bei 6% der Ozanimod-Gruppe (26 Patienten) und 4% der Interferon-Gruppe (20 Patienten) Werte, die das 3-fache der normalen Obergrenze betrugen. Dieser Unterschied war signifikant.  Die Leberwerterhöhung war meist vorübergehend auch ohne Pausierung der Medikation.
Das Enzym γ-Glutamyltransferase (γGT) ist ein weiterer häufig genutzter Marker für die Funktion der Leber, sowie der Gallenblase. DIe Studie RADIANCE zeigte bei 6% der Ozanimod-Gruppe erhöhte Werte, in der Interferon-Gruppe nur bei 2%.

Bluthochdruck

Bei 24 der Ozanimod Patienten (6 %) und 14 der mit Interferon behandelten Patienten (3 %) wurden geringe Blutdruckerhöhungen beobachtet. Dieser Unterschied war nicht signifikant.

Harnwegsinfektionen

In RADIANCE traten zahlenmäßig mehr Harnwegsinfekte in den Ozanimod-Gruppen als in der Interferon-Gruppe auf. Die Unterschiede waren nicht signifikant.

Rückenschmerzen

Ein Teil der Patienten bemerkte Rückenschmerzen. Die Differenz war zwischen den Gruppen nicht signifikant.
In RADIANCE gaben 18 Patienten (4 %) aus der Ozanimod-Gruppe und 14 Patienten (3 %) aus der Interferon-Gruppe im 24-Monate dauernden Studienzeitraums Rückenschmerzen an.


Gelenkschmerzen

In RADIANCE traten in der Ozanimod-Gruppe vermehrt Gelenkschmerzen auf. 15 Patienten (3,5 %) klagten in der Ozanimod-Gruppe über Gelenkschmerzen, dagegen nur 6 Patienten (1,4 %) in der Interferon-Gruppe. Dies war statistisch signifikant.


Herzschlagverlangsamung

Eine Verlangsamung des Herzschlags (medizinisch: Bradykardie) wurde ausschließlich in den ersten Stunden nach Gabe des Medikaments nachgewiesen. Durchschnittlich betrug diese in der RADIANCE Studie eine Verlangsamung um 0,6 Schläge pro Minute. In der RADIANCE Studie kam es bei 4 Patienten (<1 %) der Ozanimod-Gruppe und keinem Patienten der Interferon-Gruppe zu einer Bradykardie unter 45 Schläge pro Minute, Diese bildete sich nach 7 Stunden wieder zurück.
Die Verlangsamung der Herzfrequenz fällt im Gegensatz zu dem anderen zugelassenen Sphingosinphosphat-1-Modulator Fingolimod deutlich geringer aus. Das liegt zum einen am spezifischeren Wirkmechanismus, der weniger Wirkung auf das Herz aufweist, zum anderen an der einschleichenden Dosierung von Ozanimod.

Augenhintergrundveränderungen

Eine Veränderung des Augenhintergrunds mit Wassereinlagerung in der Netzhautmitte an der Stelle des schärfsten Sehens (medizinisch: Makulaödem), kam in RADIANCE und SUNBEAM unter Ozanimod-Therapie in insgesamt 5 Fällen, in der Interferon-Gruppe in 3 Fällen vor. Diese Nebenwirkung war sowohl bei der Dosierung von 1 mg als auch 0,5 mg Ozanimod aufgetreten.
Die Veränderungen normalisierten sich in der Regel 1 bis 6 Monate nachdem die Therapie beendet wurde. Bei Patienten mit Vorerkrankungen wie Diabetes mellitus oder anderen Erkrankungen der Netzhaut in der Vorgeschichte sollte eine Kontrolle des Augenhintergrundes sowohl vor Beginn mit Ozanimod, als auch ca. 3-4 Monate nach Beginn der Einnahme stattfinden, um diese seltene, aber ernsthafte Nebenwirkung zu entdecken

Verminderung der Lymphozytenzahl im Blut

Durch den Wirkmechanismus von Ozanimod kann die Zahl freier Lymphozyten im Blut erniedrigt sein. Diese zeigte sich in den ersten drei Monaten nach Therapiebeginn und blieb im Anschluss weitestgehend stabil.
Eine Erniedrigung der Lymphozytenzahl unter bestimmte Normwerte wird Lymphopenie genannt. Es gab in RADIANCE 18 Patienten (4,2 %) in der Ozanimod-Gruppe mit 1 mg gegenüber keinem Patienten der Interferon-Gruppe, die erniedrigte Lymphozyten unter 200 Zellen pro Mikroliter aufwiesen. Eine Reduktion der Lymphozyten unter 500 pro Mikroliter trat jedoch bei 249 (57,8%) der Ozanimod-Gruppe mit 1 mg auf, in der Interferon-Gruppe dagegen nur bei 6 Patienten (1,4%).  Dieser Unterschied war signifikant.
Nach Übereinkunft von MS-Spezialisten und Behörden wurde der untere Grenzwert für Lymphozyten unter Ozanimod-Therapie auf  über 200 pro Mikroliter festgelegt. Wird dieser Wert auch nach Therapiepause und erneuter Gabe wieder unterschritten, muss Ozanimod abgesetzt werden. Es ist dabei aber zu bedenken, dass die im Blut gemessene Anzahl der Lymphozyten nur einen groben Anhaltspunkt darüber geben kann, ob die Abwehrfunktionen des Immunsystems intakt sind.


Schwere Infektionen

Es kam in RADIANCE und SUNBEAM nicht signifikant häufiger zu schweren Infektionen bei der Behandlung mit Ozanimod im Gegensatz zur Therapie mit Interferon-beta 1a.

Schwere Infektionen mit Erregern, die typisch für Patienten mit geschwächtem Immunsystem sind, traten nicht auf. Lokale Infektionen mit Herpesviren traten in beiden Gruppen auf. In RADIANCE wurde in der Ozanimod-Gruppe mit 1 mg Dosierung in 4 Fällen Herpes zoster nachgewiesen, in der geringeren Dosis mit 0,5 mg Ozanimod und in der Therapie mit Interferon-beta 1a jeweils in zwei Fällen. Schwere Infektionen mit Herpesviren wurden nicht nachgewiesen.
Auch nach Markteinführung sind bisher keine schweren Infektionen mit Herpesviren bekannt.

Posteriores reversible Enzephalopathie-Syndrom (PRES)

Das PRES ist ein Beschwerdekomplex, der durch plötzliches Auftreten von starkem Kopfschmerz, Verwirrtheit, Krampfanfällen und Sehstörungen gekennzeichnet ist. Die Symptome eines PRES bilden normalerweise zurück, können sich aber auch zu einem Schlaganfall oder einer Hirnblutung entwickeln.
In der Studie RADIANCE wurde über einen Fall von PRES bei einem Patienten aus der Ozanimod-Gruppe berichtet. Dies trat 10 Monate nach Beginn der Therapie auf und war nach Absetzen von Ozanimod rückläufig. Bei Verdacht auf ein PRES ist die Behandlung mit Ozanimod abzusetzen.

Schwere Nebenwirkungen und Todesfälle

Durch Ozanimod bedingte schwere Nebenwirkungen traten in den Studien statistisch nicht gehäuft auf. Es kam sowohl in SUNBEAM als auch RADIANCE und in Verlängerungsstudien zu keinem Todesfall.

Krebserkrankungen

Alle Krebsarten, die in den Zulassungsstudien neu auftraten, waren: Brustkrebs (3 Patienten der Ozanimod-Gruppen, keine Patienten in der Interferon-Gruppen) und verschiedene Hautkrebse (3 Patienten mit Basalzellkarzinom sowie 1 Patient mit einem andersartigen Hautkrebs in den Ozanimod-Gruppen). Demgegenüber fand sich 1 Patient mit einem Basalzellkarzinom in der Interferon-beta 1a-Gruppe. Zusätzlich trat in den Ozanimod-Gruppen ein Hodenkrebs auf. Außerdem gab es einen Patienten in der Interferon-Gruppe, der einen Lymphdrüsenkrebs entwickelt hat.




Welche Nebenwirkungen wurden nach Beendigung der Studie berichtet?

Bisher sind keine neuen Nebenwirkungen beschrieben worden (Stand April 2021).