Fingolimod - Häufig gestellte Fragen

Wirkt Fingolimod besser oder schlechter als andere MS-Medikamente?

Vergleich mit Beta-Interferonen:
In der Zulassungsstudie TRANSFORMS[21] von Cohen et al, die 2010 veröffentlicht wurde, wurden 1292 Patienten mit schubförmiger Multiple Sklerose über 1 Jahr entweder täglich mit oralem Fingolimod oder mit wöchentlichen Injektionen von Interferon Beta 1a behandelt. Dabei gab es eine Fingolimod-Gruppe, die 1,25mg bekam, und eine, die 0,5mg bekam. Teilnehmen konnten Patienten zwischen 18 und 55 Jahren mit einem EDSS Score zwischen 0 und 5,5, und die im letzten Jahr mindestens 1 Schub oder in den letzten 2 Jahren mindestens 2 Schübe hatten. Studienendpunkte waren die annualisierte (jährliche) Schubrate, neue Läsionen im MRT und eine Zunahme der Behinderung.

Die annualisierte Schubrate war in der 1,25mg-Fingolimod-Gruppe 0,2, in der 0,5mg-Fingolimod-Gruppe 0,16 und in der Placebo-Gruppe 0,33.

Unter Gilenya® nahm bei 94% gegenüber 92% unter Avonex® die Behinderung nicht zu. Ein Unterschied in der Zunahme der Behinderung zwischen den Gruppen wurde demnach nicht festgestellt.

Unter Gilenya® waren 83% der Patienten schubfrei, unter Avonex® 69%. Demzufolge spricht die TRANSFORMS-Studie für eine etwas größere Wirkung über ein Jahr Studiendauer gegenüber Avonex®. Ob dieser Effekt in längeren Studien anhält oder weniger wird, ist offen.

Es traten zwei tödliche Gehirnnfektionen in der 1,25mg-Fingolimod-Gruppe auf, eine Varizella zoster Enzephalitis und eine Herpes Enzephalitis. Im direkten Vergleich mit Interferon-Beta-Präparaten wies Fingolimod also eine geringere Schubrate und weniger MRT-Läsionen auf, die Zunahme der Behinderung war aber in beiden Gruppen gleich.

Vergleich mit Glatirameracetat (Copaxone®), Fumarat (Tecfidera®), Tecfidera (Aubagio®), Alemtuzumab (Lemtrada®):
Hierzu liegen keine Daten vor.

Vergleich mit Natalizumab (Tysabri®):
Aus dem internationalen MS-Base-Register konnten 792 Patienten gefunden werden, die bei Versagen einer Ersttherapie auf Tysabri oder Gilenya umgestellt wurden. Hier zeigten über 1 Jahr Beobachtung die Gilenya-Patienten fast dreimal so häufig eine Zunahme der Behinderung als die Tysabri-Patienten (Kalincik 2015 Ann Neurol). Bei allen Schwierigkeiten dieser Art von Vergleichen deuten die Zahlen doch an, dass Tysabri dem Gilenya überlegen ist.

Wie lange wird behandelt?
Es gibt bisher keine Empfehlung für die Dauer der Einnahme. In den Zulassungsstudien wurde Fingolimod über 2 Jahre untersucht. Andere Sicherheitssignale oder Nebenwirkungen als die oben beschriebenen wurden in 2-10 Jahren dauerhafter Fingolimod-Einnahme nicht beobachtet. Nutzen und Risiko der Einnahme müssen laufend überprüft werden. Ein Abschätzen des Nutzens ist oft frühestens nach einem Jahr möglich. Als Hinweise für eine Wirksamkeit werden allgemeine Schubfreiheit und das Fehlen neuer Herde im MRT angesehen. Deshalb empfiehlt das KKNMS eine Ausgangs-MRT und eine MRT nach 6, 12 und 24 Monaten, um Nutzen und auch mögliche Risiken abzuschätzen.

Schwangerschaft und Stillzeit
Fingolimod sollte in Schwangerschaft und Stillzeit nicht eingenommen werden.

Auf eine wirksame Verhütung sollte geachtet werden. Da Fingolimod über den Einnahmezeitraum hinaus wirken kann, sollte es 3 Monate vor einem geplanten Schwangerschaftsbeginn abgesetzt werden. Sollte eine ungeplante Schwangerschaft auftreten, muss diese nicht abgebrochen werden, aber Fingolimod sollte sofort abgesetzt werden.

In tierexperimentellen Studien wurde eine schädigende Wirkung von Fingolimod auf den Embryo beobachtet. Es gab ein gehäuftes Auftreten von Fehlgeburten und Herzfehlern. Es gibt nur begrenzte Erfahrungen zur Anwendung von Fingolimod bei schwangeren Frauen. 1813 dokumentierte Schwangerschaften von Frauen, die Fingolimod einnahmen, sind bis Februar 2018 registriert und dokumentiert worden. Von den 1813 Fällen waren 237 Fehlgeburten. Die Häufigkeit spontaner Fehlgeburten und die Häufigkeit von schweren Fehlbildungen liegt im Bereich der Normalbevölkerung. Möglicherweise geht Fingolimod in die Muttermilch über und sollte in der Stillzeit deshalb auch nicht eingenommen werden.

Impfungen
Die Wirksamkeit von Impfungen kann während der Einnahme und bis zu 2 Monate nach Absetzen von Fingolimod eingeschränkt sein. Sogenannte Lebendimpfstoffe, bei denen lebendige, aber unschädlich gemachte Erreger verwendet werden, müssen möglichst vermieden werden. Fingolimod-Patienten haben möglicherweise keine ausreichende Abwehr und könnten durch die eigentlich harmlosen Impferreger krank werden.

Infektionen
Beim Auftreten von Infektionen sollte ein Arzt aufgesucht werden, um die Infektion, den Erreger und eine Therapie zu bestimmen. Grundsätzlich muss Fingolimod beim Auftreten üblicher Infekte nicht abgesetzt werden. Bei gehäuften Infekten sollte Fingolimod aber abgesetzt werden, da es auf das Immunsystem wirkt.

Welche Alternativen bestehen zu Fingolimod?
Fingolimod ist nur eine von verschiedenen zugelassenen MS-Therapien. Eine Übersicht finden Sie auf der Hauptseite. Eine weitere Möglichkeit ist auch, (noch) keine Immuntherapie durchzuführen.

Ohne Therapie folgt die MS dem natürlichen Verlauf. Wie dieser aussieht, kann man aus den Daten der Placebo-Gruppe in der Zulassungsstudie FREEDOMS[54] abschätzen: Über 2 Jahre blieben in der Placebo-Gruppe 46 von 100 Patienten schubfrei und 81 von 100 (nach 6 Monaten) ohne Zunahme der Behinderung (siehe weiter oben im Kapitel „Wie wirksam ist Fingolimod bei schubförmiger MS?“).