Interferon-beta - Häufig gestellte Fragen

Welches Interferon wirkt am besten?
Bislang liegen vier direkte Vergleichsstudien vor, die aber methodische Mängel hatten und zumeist nur zwei Substanzen miteinander verglichen. Eine nicht systematische Übersicht kommt zu dem Ergebnis, dass es einige Hinweise für eine Überlegenheit höher dosierter Interferon-beta Präparate auf die Reduktion der Schubrate gibt (Freedman 2009). Ein eindeutiger Beleg fehlt jedoch. Intramuskuläre Präparate führen zu weniger Hautreaktionen. Die seltenere Gabe führte zu selteneren Hautreaktionen und grippeähnlichen Beschwerden. Möglicherweise ist jedoch die Intensität der Beschwerden stärker.

Wie lange wird behandelt?
Eine Interferon-Therapie wird als Dauertherapie eingesetzt. Nutzen und Risiko der Einnahme müssen laufend überprüft werden. Ein Abschätzen des Nutzens ist oft frühestens nach einem Jahr möglich. Als Hinweise für eine Wirksamkeit werden allgemeine Schubfreiheit und das Fehlen neuer Herde in der MRT angesehen. Deshalb empfiehlt das KKNMS eine Ausgangs-MRT und eine MRT nach 6, 12 und 24 Monaten, um Nutzen und auch mögliche Risiken abzuschätzen.
Wenn es keinen klinsichen Anhaltspunkt für einen Krankheitsprogress gibt und ein standardisiertes Ausgangs-MRT vorliegt, sollte auf eine Kontrastmittelgabe verzichtet werden.

Schwangerschaft und Stillzeit
Die Interferon-beta Präparate Betaferon® und Rebif® sind seit 2019 in Schwangerschaft und Stillzeit zugelassen. Die in Tierversuchen nachgewiesene erhöhte Fehlgeburtsrate konnte in Fallsammlungen von Patienten, die während der Einnahme eines Interferon-beta Präparates schwanger wurden, nicht bestätigt werden.

Eine Übersicht berichtet von 761 Schwangerschaften, die unter einer Interferon-beta Therapie auftraten ("Disease-modifying drugs for multiple sclerosis in pregnancy: a systematic review"[35]). Hier fanden sich zwar ein erniedrigtes Geburtsgewicht und geringere Größe sowie eine erhöhte Frühgeburtlichkeit, jedoch nicht mehr Aborte oder Missbildungen als bei Schwangerschaften ohne Interferon-Exposition. Insgesamt scheint das Risiko für Schäden eines Embryos sehr gering zu sein. Eine neuere Übersicht ("Pregnancy outcomes in interferon‐beta‐exposed patients with multiple sclerosis: results from the European Interferon‐beta Pregnancy Registry"[96]) konnte bei 945 Schwangerschaften unter Interferon-beta keine Missbildungen oder Frühgeburten zeigen. 

Impfungen
Auch unter einer Therapie mit Interferon-beta sollten alle Standardimpfungen regelmäßig überprüft und ggf. aufgefrischt werden. Die Ständige Impfkommission, kurz STIKO, entwickelt Impfempfehlungen für Deutschland, die als medizinischer Standard gelten. Laut der STIKO sind die Standardimpfungen: Tetanus, Diphtherie, Pertussis (Keuchhusten), Hepatitis B, Masern, Mumps, Röteln.

Für alle MS-Patienten ist eine Grippeimpfung sinnvoll. Pneumokokken und Windpocken (Varizella-Zoster-Virus) sind für eine Interferontherapie nicht erforderlich. Mit Blick auf mögliche Therapieeskalationen kann aber auch hier früh eine Impfung erwogen werden.

Bisher gibt es einige Hinweise, dass Impferfolge unter Interferon-Therapie etwas abgeschwächt sind. Einige wenige Daten sprechen dafür, dass Standardimpfungen unter Interferonen wirksam bleiben.

Interferone
Grundsätzlich müssen Interferone beim Auftreten üblicher Infekte nicht abgesetzt werden. 

Welche Bedeutung haben sogenannte neutralisierende Antikörper?
Interferone rufen im Körper die Bildung von Antikörpern hervor, da sie nicht genau dem körpereigenen Interferon entsprechen. Antikörper können mit verschiedenen Methoden gemessen werden. Diese Antikörper können möglicherweise die Wirkung des Interferons abschwächen oder ganz verhindern.

Die Antikörper entstehen meistens innerhalb der ersten 12 Monate nach Therapiebeginn. Die Häufigkeit unterscheidet sich bei den Präparaten: Betaferon/Extavia mehr als Rebif, mehr als Avonex, mehr als Plegridy. Ein systematisches Review ("Development of interferon beta-neutralising antibodies in multiple sclerosis"[97]) kommt zu folgenden Raten: 2-19% bei Avonex, 16-35% bei Rebif und 27-53% bei Betaferon. Für Plegridy wurden bislang nur sehr niedrige Raten unter 1% beschrieben. Wichtig ist, dass sowohl die Höhe der Antikörperwerte als auch das länger bestehende Vorliegen hoher Werte eine maßgebliche Rolle für den neutralisierenden Effekt zu spielen scheinen: hohe Werte (hochtitrige), die bleiben.

Eine grundsätzliche Testung nach frühestens vier bis sechs Monaten kann erwogen werden. Da neutralisierende Antikörper kreuzreaktiv sind, ist ein Wechsel von einem Interferon-beta-Präparat auf ein anderes bei Therapieversagen durch die Antikörper-Bildung vermutlich nicht sinnvoll. 

Machen Interferone depressiv?
Bei 35-55% aller MS-Patienten treten irgendwann depressive Verstimmungen auf. Ein systematisches Review (Alba Palé L 2017[98]) kommt zu dem Ergebnis, dass nur bei Patienten mit vorbekannter Depression eine Interferon-beta-Therapie zur Depressionsverstärkung führen kann. 

Welche Alternativen bestehen zu Interferon-beta-Präparaten?
Interferon-beta ist nur eine von verschiedenen zugelassenen MS-Therapien. Eine Übersicht finden Sie auf der Hauptseite. Eine weitere Möglichkeit ist auch, (noch) keine Immuntherapie durchzuführen. 

Ohne Therapie folgt die MS dem natürlichen Verlauf. Wie dieser aussieht, kann man aus den Daten der Placebo-Gruppe in der Zulassungsstudie abschätzen: Über 2 Jahre blieben in der Placebo-Gruppe 70 von 100 Patienten schubfrei und 70 von 100 ohne Zunahme der Behinderung.

Wirken Interferone besser oder schlechter als andere MS-Medikamente?
Die Wirksamkeit von Beta-Interferonen im Vergleich mit Glatirameracetat wurde in 6 Vergleichsstudien analysiert. Eine Metanalyse von 5 dieser Arbeiten (Mantia and Pietrantonj 2014[99]) kommt zu dem Ergebnis, dass die Wirkung sehr vergleichbar ist. 

Interferon-beta Präparate haben in mehreren Studien Gleichwertigkeit zu Copaxone® gezeigt. Belastbare Vergleiche mit Teriflunomid und Dimethylfumarat fehlen.

Wann sollte eine Interferon-beta-Therapie abgesetzt werden?
Für die Interferone existieren einige Daten zur Vorhersage, ob die Therapie wirkt oder nicht. Das Kernspin (MRT) ist dafür möglicherweise hilfreich.
Entwickeln Patienten unter der Therapie mit Interferon-beta eine nicht-aktive sekundär progrediente MS, sollte die Tehrapie nciht fortgesetzt werden.