Worauf muss bei der Therapie mit Alemtuzumab geachtet werden?

Unter welchen Umständen sollte Alemtuzumab nicht eingenommen werden?
Alemtuzumab darf bei einer HIV­-Infektion, bei schweren chronischen Infekten wie Tuberkulose oder Hepatitis sowie in der Schwangerschaft und Stillzeit nicht verabreicht werden.

Unter folgenden Bedingungen sollte Alemtuzumab nur in Ausnahmefällen gegeben werden:

  • bei bekannter Gerinnungsstörung
  • bei bekannter Neigung zu Infekten

  • bei anderen nicht kontrollierten Autoimmunerkrankungen
  • bei bestehender Autoimmunerkrankung nur nach Risikoabwägung
  • bei nicht ausgeheilten Krebserkrankungen
  • bei erniedrigter Blutplättchenzahl 
  • ohne vorhandenen Windpockenschutz

  • bei schwerer Leber­- oder Nierenerkrankung 
  • bei Kindern unter 18 Jahren

Welche Sicherheitsabstände müssen eingehalten werden?
Bei Patienten, die bereits eine Therapie erhalten haben, die das Immunsystem beeinflusst oder hemmt, müssen Sicherheitsabstände vor Umstellung auf Alemtuzumab eingehalten werden. Diese richten sich nach der Wirkdauer der Medikamente. Die Wartezeit beträgt nach der Behandlung mit...

- Fingolimod und Teriflunomid (nach Auswaschung) mindestens 4 Wochen.
- Natalizumab und Daclizumab mindestens 6 – 8 Wochen. 

- Azathioprin, Ciclosporin A, Cyclophosphamid, Methotrexat 
und Mitoxantron mindestens 3 Monate. 

- Cladribin mindestens 6 Monate.
- Ocrelizumab und Rituximab mindestens 6 – 12 Monate.

Bei der vorherigen Verwendung von Interferonen, Glatirameracetat oder Dimethylfumarat müssen, solange sich etwaige Blutbildveränderungen normalisiert haben, keine Sicherheitsabstände eingehalten werden.

Worauf ist bei Therapiebeginn zu achten?
Weil Alemtuzumab das Immunsystem deutlich hemmt, sollten mindestens 6 Wochen vor Therapiebeginn alle Standardimpfungen durchgeführt werden, die die STIKO (Ständige Impfkommission) für Menschen empfiehlt, deren Immunsystem teilweise blockiert werden soll. Hierzu gehört auch eine Impfung gegen Windpocken, falls diese bis dahin nicht aufgetreten sind oder der Antikörperschutz im Blut nicht ausreicht.
Bei Patienten, die bereits eine Therapie erhalten haben, die das Immunsystem beeinflusst oder hemmt, müssen Sicherheitsabstände eingehalten werden. Diese richten sich nach der Wirkdauer der Medikamente. Eine Kurzzeitbehandlung mit Kortikosteroiden (Kortison), z. B. zur Schubtherapie, ist auch während der Behandlung möglich.

Was muss während der Therapie kontrolliert werden?
Das Krankheitsbezogene Kompetenznetz Multiple Sklerose (KKNMS) empfiehlt:



Alemtuzumab hat eine sehr lange Wirkung. Zur Frühdiagnose von Komplikationen sind daher die Nachkontrollen über insgesamt vier Jahre nach der letzten Infusion erforderlich.

Wie kann man wichtige Nebenwirkungen erkennen?
Nebenwirkungen, die während, direkt oder auch lange nach der Alemtuzumab-Gabe auftreten können, lassen sich möglicherweise früh erkennen. Dafür gibt es einige Hinweise. Die Zulassung von Alemtuzumab wurde mit der Bereitstellung von Schulungsmaterialien für Ärzte und Patienten verbunden.

Alle Patienten sollen vom behandelnden Arzt das behördlich genehmigte Schulungsmaterial im Rahmen eines so genannten Risk Management Plans (RMP) erhalten. Der RMP ist ein von den Aufsichtsbehörden (z. B. Paul-Ehrlich-Institut) herausgegebenes Schulungsmaterial, das Patienten und Ärzten für die sichere Anwendung eines Medikaments bereitgestellt wird. Der Überwachungsplan sieht monatliche bzw. dreimonatliche Untersuchungen bis zu 48 Monate nach der letzten Infusion mit Alemtuzumab vor. Eine deutsche Version des Schulungsmaterials finden Sie auf www.pei.de (> Vigilanz > Schulungsmaterial).

  1. Infusionsreaktionen
    Infusionsreaktionen sind nicht-allergische Reaktionen, die sich in Form von Rötungen, Überwärmung, Juckreiz oder Brennen an der Infusionsstelle und/oder Kopfschmerzen, Schwindel, Benommenheit, Übelkeit oder Gelenkschmerzen äußern können. Oft hilft es in solchen Fällen, die Infusionsgeschwindigkeit zu verlangsamen und ein Medikament zur Beschwerdelinderung (z. B. Paracetamol) zu geben. Ebenfalls nicht-allergisch bedingt ist das sogenannte akute Zytokinfreisetzungssyndrom, das durch die plötzliche Freisetzung bestimmter körpereigener Botenstoffe des Immunsystems hervorgerufen wird. Typisch hierfür sind Kopfschmerzen, Fieber, Übelkeit, Juckreiz, Schlaflosigkeit, Schüttelfrost, Hitzegefühl, Ermüdung, Atembeklemmungen, Beklemmungen in der Brust, Geschmacksstörungen, Ausschlag, schneller Herzschlag, Magendrücken, Schwindelgefühl und Schmerzen. Im Einzelfall kann eine solche Reaktion nicht immer von einer allergischen Reaktion unterschieden werden.

  2. Allergische Reaktionen
    Bei allergischen Reaktionen handelt es sich um eine Abwehrreaktion des eigenen Immunsystems gegen Alemtuzumab, die bei bis zu 3% der Patienten auftritt. Es gibt unterschiedliche Schweregrade. Typische Beschwerden sind ein an weiten Teilen des Körpers einsetzender Juckreiz, Hautrötungen oder Schwellungen mit oder ohne Blasenbildung, Nasenlaufen oder Heiserkeit. In wenigen Einzelfällen, genaue Zahlen liegen nicht vor, kann ein allergischer Schock mit Herzrhythmusstörungen, Atemnot, Bauchkrämpfen inkl. Erbrechen und Durchfall sowie Blutdruckabfall mit lebensbedrohlichem Atem- und Kreislaufstillstand auftreten.

  3. Sekundäre Autoimmunerkrankungen
    Bei etwa einem Drittel der Patienten treten in den 4 Jahren nach der Behandlung mit Alemtuzumab andere Autoimmunerkrankungen auf, die therapierbar sind und häufig eine dauerhafte Behandlung erfordern. Wichtig ist, dass Sie und am besten auch die Menschen, mit denen Sie zusammenleben, die Anzeichen für diese Erkrankungen kennen, damit Sie frühzeitig einen Arzt aufsuchen können. Hier werden dann alle notwendigen Schritte zur frühen Behandlung eingeleitet – ein verzögerter Beginn erhöht das Risiko für Komplikationen.

Diese Erkrankungen sind: