Störungen der Motorik (= Störungen der Kraft)

Störungen der Motorik gehen bei MS darauf zurück, dass Befehle zur Bewegung, die das Gehirn den Muskeln erteilt, vom Nervensystem nicht korrekt übertragen werden.

Beim Gesunden löst der Willen zu einer Bewegung im Gehirn Impulse aus, die zunächst über verschiedene Nervenbahnen (Zentrales Nervensystem und periphere Nerven) bis zur Muskulatur weitergegeben werden. Diese zieht sich daraufhin zusammen und führt die erwünschte Bewegung aus. Gleichzeitig schickt das Gehirn aber auch Impulse aus, um andere Muskeln zu hemmen, die bei der Bewegung stören würden. Ist die Bewegung ausgeführt, schickt das Gehirn sofort hemmende Impulse an die Muskeln, damit sie sich wieder entspannen können. Ohne dass es einem Menschen bewusst wird, ist ein reibungsloser Ablauf der verschiedenen Nervenimpulse deshalb Voraussetzung für eine funktionierende Motorik.

Multiple Sklerose ist eine Erkrankung des zentralen Nervensystems, die typische Lähmungsmuster verursacht. Doch fällt es in leichten Fällen Betroffenen am Anfang noch gar nicht auf, dass es sich um eine Lähmung handelt. Sie spüren, dass ein Arm immer "müde" ist, sie häufiger mit dem Fuß umknicken oder zum Stolpern neigen. Manche Formen der Lähmungen gehen mit einer Steifigkeit einher, mit der man dann nicht mehr schnell laufen kann. Oft sind es die anderen, die Betroffene darauf hinweisen, dass sie "komisch gehen". Manchmal wird die Schwäche erst nach einer Belastung deutlich, ausgeruht im Untersuchungszimmer des Arztes kann dann alles unauffällig sein. Viele MS-Patienten können zunächst Bewegungen völlig unauffällig durchführen, mit der Zeit wird das Bewegungsbild jedoch immer auffälliger - das Bein schwächer, der Arm steifer - und erst nach einer Erholungspause kann die Aktivität fortgeführt werden. Dieses Phänomen heißt in Analogie der weiter unten besprochenen Neigung zu starker geistiger Erschöpfung "motorische Fatigue".

Starke Muskelschwäche und eine starke Verspannung der Muskulatur (=Spastik) sind dagegen eindeutig wahrnehmbar. Obwohl die Muskelspastik sehr behinderen kann, führt sie andererseits auch zum Erhalt der Steh- und Gehfähigkeit, weil sie ggf. die begleitende Muskelschwäche ausgleichen kann. Sind die Arme von der Spastik betroffen, kommt es zu einer verstärkten Beugehaltung, an den Beinen meist zu einer verstärkten Beinstreckung. Dabei kann die Steife auch einschießend auftreten, vor allem bei Belastungen aber auch in Ruhe.

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