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Alemtuzumab ist ein gentechnisch hergestellter, sogenannter „humanisierter Antikörper“, der bestimmte weiße Blutkörperchen (Leukozyten) vorübergehend aus dem Blut entfernt. Dieser Effekt hält sehr lange an.


WIe wirkt Alemtuzumab?

Alemtuzumab gehört zu den sogenannten Immuntherapien der MS.

Sie wurden unter der Vorstellung entwickelt, dass es sich bei der MS vor allem um eine Erkrankung des Immunsystems handelt. Generell zielen diese darauf ab, die Immunreaktionen teilweise zu unterdrücken. Die genaue Wirkungsweise bei MS ist nicht geklärt. Man vermutet, dass die lang anhaltende Verminderung von bestimmten weißen Blutkörperchen der Grund für die Wirksamkeit ist.


Alemtuzumab ist ein sogenannter „humanisierter monoklonaler Antikörper“. Im Blut und in Immunorganen bindet er an bestimmte weiße Blutkörperchen (vor allem sogenannte T­-Lymphozyten und B­-Lymphozyten und in geringem Ausmaß an Monozyten. Dadurch wird ein Anteil dieser Zellen, die für die körpereigene Abwehr, aber auch für Krankheiten wie z.B. die MS verantwortlich sind, vorübergehend zerstört. Da der Effekt mehr als ein Jahr anhält, werden vermutlich auch sogenannte Stammzellen gehemmt, also Zellen, aus denen sich neue weiße Blutkörperchen bilden. Die Rückkehr dieser Immunzellen ins Blut nach Beendigung der Therapie führt vermutlich auch zu der hohen Zahl an Nebenwirkungen durch andere Autoimmunerkrankungen, insbesondere der Schilddrüse.

Auch wenn die Effekte auf das Immunsystem lange anhalten, so ist Alemtuzumab 30 – 45 Tage nach der Infusion kaum oder nicht mehr im Blut nachweisbar.



Für wen ist Alemtuzumab zugelassen?

Die EMA (Europäische Arzneimittelargentur) hat eine Überprüfung von Alemtuzumab (Lemtrada®) eingeleitet, nachdem neue Berichte über immunvermittelte Erkrankungen, Herz/ Kreislauf-Probleme sowie Todesfälle nach der Therapie mit Alemtuzumab eingegangen sind. Während dieser Überprüfung wird die Anwendung von Alemtuzumab nur mit bestimmten Einschränkungen empfohlen.[93] Die EMA empfiehlt, dass nur noch Erwachsene, die trotz anderer krankheitsmodifizierender Therapie weiterhin an hochaktiver schubförmiger MS leiden oder Patienten mit rasch fortschreitender schubförmig-remittierend verlaufender MS Alemtuzumab anwenden sollten.[94]   



Wie wird Alemtuzumab verabreicht?

Alemtuzumab wird in zwei Behandlungszyklen als intravenöse Infusion, also über eine Vene, verabreicht. Es stellt eine sogenannte Induktions- oder Impulstherapie dar:

- Zu Beginn der Behandlung erhalten Patienten an 5 aufeinanderfolgenden Tagen je eine Infusion mit 12 mg Alemtuzumab.
- Nach 12 Monaten erhalten sie an 3 aufeinanderfolgenden Tagen je eine Infusion mit 12 mg Alemtuzumab.

Wegen neuer Krankheitsaktivität wird bei einem Drittel der Patienten innerhalb von 5 Jahren eine dritte und bei 10% eine vierte Behandlungsphase mit 3 Infusionen an 3 aufeinanderfolgenden Tagen notwendig.

Wie wird die Medikamentengabe durchgeführt?
Alemtuzumab sollte nur in Zentren mit Erfahrung in der Gabe von Antikörpertherapien und mit der Möglichkeit einer sofortigen Notfallversorgung gegeben werden.
 Zur Verhinderung von allergischen Nebenwirkungen sollten bei der Alemtuzumab-Gabe folgende Medikamente begleitend eingesetzt werden:

  • Kortisonpräparat

  • Antiallergikum

  • Fiebersenkendes Medikament
  • Antivirales Medikament

Während der ersten 3 Tage der Therapie wird vor der Gabe von Alemtuzumab ein Kortisonpräparat über die Vene verabreicht. Dies soll Infusionsreaktionen abmildern (siehe weiter unten im Kapitel "Welche Nebenwirkungen hat Alemtuzumab?"). Zusätzlich sollten direkt vor der Infusion weitere antiallergische Medikamente, z. B. ein Antihistaminikum und ein fiebersenkendes Medikament wie Paracetamol gegeben werden. Die Infusion selbst dauert ca. 4 Stunden, danach werden Patienten für 2 Stunden überwacht. Wenn die Infusion nicht gut vertragen wird, kann die Infusionsdauer verlängert werden.

Um Herpesinfektionen zu verhindern, sollen Patienten ab dem ersten Behandlungstag und 4 Wochen danach prophylaktisch ein antivirales Mittel (Aciclovir 2 x täglich 200 mg als Tablette) einnehmen.

Hier sehen Sie ein Foto der Medikamentenpackung (links) sowie des Infusionsfläschchens (rechts) von Lemtrada®: 

Alemtuzumab Flasche

Bildquelle: https://mein.sanofi.de/produkte/lemtrada