Sensitivität und Spezifität

Sensitivität und Spezifität sind wichtige Kenngrößen, die die Qualität eines diagnostischen Tests beschreiben.

Die Sensitivität ist dabei ein Wahrscheinlichkeitswert, der anzeigt, wie sicher der Test eine vorliegende Erkrankung erkennt. Der Wert beurteilt einen Test aus der Perspektive von sicher Erkrankten: „Wenn die Krankheit vorliegt, wie sicher wird sie durch den Test erkannt?“ Bei einer Sensitivität von 100% werden alle Kranken auch als erkrankt (positiv) gestestet, bei 75% werden 75 von 100 Erkrankten erkannt. Allerdings werden dann 25% oder einer von 4 Erkrankten fälschlicherweise nicht erkannt, sie haben ein „falsch negatives“ Testergebnis, weil der Test sie fälschlicherweise als gesund eingeschätzt hat.

Die Spezifität beschreibt, wie genau ein Test nicht erkrankte Menschen richtig als nicht erkrankt erkennt. Eine Spezifität von 100% zeigt an, dass alle Menschen, die von der Krankheit nicht betroffen sind, auch als solche (negativ) gestestet werden. Bei einer Spezifität von 75%, werden 3 von 4 Gesunden als solche erkannt. Allerdings werden dann 25% oder einer von 4 fälschlicherweise nicht erkannt, sie haben ein „falsch positives“ Testergebnis, weil der Test sie fälschlicherweise als krank eingeschätzt hat.

Wann ist die Milch sauer? (Ein Bespiel zum Verständis)

Das Haltbarkeitsdatum von Frischmilch kann als „diagnostischer Test“ für die Eigenschaft „frisch“ oder „sauer“ benutzt werden. Genauso wie die Milch möglicherweise länger haltbar ist, als auf der Packung angegeben, so ist sie möglicherweise schon früher als angegeben nicht mehr genießbar. Die Sensitivität des Haltbarkeitsdatums ist hoch, wenn sehr viele Tüten mit saurer Milch auch tatsächlich abgelaufen sind. Das kann man erreichen, wenn man das Haltbarkeitsdatum verkürzt. Die Spezifität des Haltbarkeitsdatums ist hoch, wenn sehr viele Tüten mit frischer Milch noch nicht abgelaufen sind. Das kann man erreichen, wenn man das Haltbarkeitsdatum verlängert. An dem Beispiel sieht man, dass Sensitivität und Spezifität eng verbunden sind. Verlängert man das Verfallsdatum, werden weniger Tüten mit frischer Milch abgelaufen sein, es gibt also wenig „falsch positive“ Ergebnisse. Die Spezifität ist hoch.
Gleichzeitig werden aber mehr Tüten mit saurer Milch nicht abgelaufen sein, es gibt also mehr „falsch negative“ Ergebnisse: die Sensitivität ist niedrig. Beim Einsatz des Haltbarkeitsdatums kommt es jedoch darauf an möglichst wenig saure Milch zu übersehen, also möglichst wenig „falsch negative“ Ergebnisse und somit eine hohe Sensitivität zu erreichen. Das heißt, es ist wichtiger, die saure Milch herauszufiltern als sicher alle trinkbare Milch zu erfassen. So nimmt man eher in Kauf, dass frische Milch mit abgelaufenem Haltbarkeitsdatum weggeworfen wird, als dass saure Milch als frisch verkauft wird.
Die nachfolgende Abbildung soll das verdeutlichen.


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Die Vorhersagewerte oder prädiktiven Werte beschreiben die Qualität von Tests aus dem Blickwinkel positiver Tests (positiv prädiktive Werte) und negativer Tests (negativ prädiktive Werte). Der positiv prädiktive Wert gibt an, wie aussagekräftig ein positives Ergebnis ist, also wie viele Menschen mit einem positiven Test tatsächlich krank sind. Der negativ prädiktive Wert gibt an, wie aussagekräftig ein negatives Ergebnis ist, also wie viele Menschen mit einem negativen Test tatsächlich nicht erkrankt sind.