MS-Patienten haben oft sehr unterschiedliche Beeinträchtigungen. Die Beeinträchtigung der Patienten wird mit einer neurologischen Skala gemessen, der „Expanded-Disability-Status- Scale“ (EDSS) nach Kurtzke[4], auf Deutsch „Erweiterte Beeinträchtigungsskala“. Die Einordnung in dieser Skala erfolgt durch eine neurologische Untersuchung. Dabei stellt diese die Beeinträchtigung des Gehens sehr in den Vordergrund. Es war vom Konzept vieler Studien her darüber hinaus kaum möglich, einen Effekt auf die Zunahme der Beeinträchtigung im EDSS nachzuweisen. Dazu wäre eine längere Studiendauer oder eine Patientengruppe mit höherer Krankheitsaktivität notwendig gewesen.
Die EDSS-Skala
Die EDSS reicht von 0 = „keine Beschwerden“ in Schritten von 0,5 bis hin zu 10 = „Tod durch MS“. Natürlich kann man die vielen sehr unterschiedlichen Arten von MS-typischen Beeinträchtigungen nicht wirklich mit einer einzigen Skala darstellen. Anders ausgedrückt: Es ist sehr schwierig, einen Betroffenen mit seinen ganz persönlichen Beeinträchtigungen einzuordnen oder mit anderen Betroffenen bezüglich des Schweregrades zu vergleichen. Um es doch zu versuchen, misst die Skala auf unterschiedlichen Abschnitten unterschiedliche Beeinträchtigungen. Von „0“ bis „3,5“ wird der Wert im Rahmen einer neurologischen Untersuchung bestimmt. Von „4“ bis „7“ beruht der Wert auf der maximalen Gehstrecke. Bei den Werten über „7“ entscheidet das Ausmaß der Pflegebedürftigkeit. Damit sind die Abstände zwischen den Zahlenwerten je nach Bereich der Skala sehr unterschiedlich. So ist z.B. der Sprung von 6,0 bis 6,5 viel größer als von 1 auf 1,5. Ein Problem der Skala ist, dass z.B. zwei Betroffene mit dem Wert „5“ auf der EDSS-Skala sehr unterschiedlich stark beeinträchtigt sein können, weil „5“ nur etwas über das Gangbild aussagt. Zwischen verschiedenen Untersuchern, die den gleichen Patienten untersuchen, treten zudem regelmäßig Unterschiede von 0,5-1 Skalenpunkten auf. Aus der Patientenperspektive ist dabei evtl. gar kein Unterschied zu bemerken.
Bei den MS-Studien wird generell eine Verschlechterung um einen Punkt der EDSS-Skala als Progression, also als Zunahme der Beeinträchtigung angesehen. Eine solche Progression sollte durch eine zweite Untersuchung nach 3-6 Monaten bestätigt werden, um nicht aus Versehen schubbedingte Verschlechterungen zu erfassen. Häufig ist aber selbst das nur begrenzt aussagekräftig, denn es kann sein, dass sich auch 6 Monate nach Schubbeginn Beschwerden noch bessern. Der Patient hat in einem solchen Fall also keine Progression seiner Erkrankung, sondern lediglich einen lang andauernden Schub.
Seit 1999 ist der Multiple Sclerosis Functional Composite (MSFC) als objektive, möglicherweise bessere Methode zur Messung der Beeinträchtigung bei MS eingesetzt worden.[6] Er misst drei verschiedene Dimensionen der Beeinträchtigung:
- Das Gehen: mit der Gehzeit in Sekunden für acht Meter (Time-To-Walk-8-Meters, T8)
- Die Feinmotorik der Hände: mit dem Nine-Hole-Peg-Test (9HPT), bei dem auf Zeit neun Stifte in ein Holzbrett gesteckt werden müssen.
- Geistige Funktionen: mit dem Paced-Auditory-Serial-Addition-Test (PASAT), bei dem vorgesprochene Zahlen addiert werden müssen.
Das Problem des MSFC ist, dass die Bedeutung von Veränderungen der Zahlenwerte, also die klinische Relevanz, für den Patienten nicht klar ist. Eine neuere Untersuchung[7] hat gezeigt, dass eine Änderung um ca. 20% von den meisten Patienten - zumindest aufs Gehvermögen und die Handfunktion bezogen - wahrgenommen wird. Bei den geistigen Funktionen konnte dies so nicht gezeigt werden.